Am 11. Dezember 2017 versprach Staatsrat Rieckhof von der Hamburger Verkehrsbehörde der Öffentlichkeit, sich für den Bau eines Autobahntunnels („Wilhelmsburger Deckel“) durch HH-Kirchdorf einsetzen zu wollen.
Dieses „Angebot“ ist an die Bedingung geknüpft, circa 16 Hektar umliegendes Grünland der „Stadtentwicklung“ (sprich: Gewerbe- und Wohnungsbau) zuzuführen.
Bei der fraglichen Fläche handelt es sich um Teile des Landschaftsschutzgebietes Wilhelmsburger Elbinsel.
Die Karte zeigt die westlichen Teile des Landschaftschutzgebietes nördlich und südlich der Straße Kornweide
Das Versprechen des Staatsrates ist als Flucht nach vorn zu verstehen: Es dient der Vermeidung einer drohenden juristischen Niederlage bei der Planfeststellung.
Denn die Linienbestimmung 2011 kam nur durch, weil die Autobahn im Bereich Kirchdorf komplett abgesenkt werden sollte: Mit einem längeren Tunnel im Westen und der restlichen Strecke bis zur AS-Stillhorn im Trog. Abweichend davon hatte die DEGES – wegen der schwierigen Boden-und Wasser-Verhältnisse – zuletzt überwiegend oberirdisch und teilweise sogar in Hochlage geplant.
Gegen diese Planung wurde der Widerstand in Wilhelmsburg immer lauter. 1300 Einwendungen gegen den ersten Abschnitt des Planfeststellungsverfahrens waren ein eindeutiges Signal. In den Einwendungen wurde vielfach auch die Abweichung von der Linienbestimmung bemängelt. Insofern ist das „Entgegenkommen“ des Staatsrates ein Erfolg unserer Proteste und soll gleichzeitig zur Beruhigung der Stimmung im Stadtteil dienen.
Ein Tunnel wäre hinsichtlich Lärm und Zerschneidung in HH-Kirchdorf zwar besser als eine Autobahn in Hochlage. Allerdings sind die zusätzlichen Kosten gewaltig und die Finanzierung noch lange fraglich. Zudem gäbe es neue Probleme: Die Abgase und der Dreck aus dem Tunnel würden an einigen Stellen konzentriert an die Umwelt abgegeben (Entlüftungsschächte). Außerdem wäre eine leistungsfähige Feuerwache zu bauen und betreiben, die im Falle von Unfällen eingreifen könnte.
Pferdewiesen vor der Großsiedlung Kirchdorf-Süd – von der Kornweide aus gesehen
Ein Tunnel änderte nichts an den Auswirkungen und Belastungen für ganz Hamburg und entkräftet nicht die grundlegenden Argumente gegen dieses Autobahnprojekt als Ganzes.
Unverändert gilt:
- Der Bau der A26-Ost ist aus verkehrlichen Gründen überflüssig. Die Notwendigkeit der Trasse ist nicht erwiesen. Sie ist im Gegenteil längst widerlegt.
- Die Stadtautobahn würde Mensch, Umwelt und Natur schwersten Schaden zufügen. Und zwar für die nächsten 60 bis 80 Jahre – nicht „nur“ während der jahrelangen Bauzeit.
- Die Autobahn brächte noch mehr Kfz-Verkehr und Dreck in unsere überlastete Stadt.
- Moorburg und Bostelbek wären durch die A26-Ost in ihrer Existenz bedroht.
- Die zugrunde liegenden Verkehrsprognosen sind irreführend, denn sie rechnen zusätzlichen Verkehr mit ein, den es ohne die Autobahn nicht gäbe.
- Der Bau der Strecke behindert, bzw. hintertreibt den dringend notwendigen Ausbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs südlich der Elbe.
- Die Kosten des Bauprojektes werden falsch angegeben. Sie sind maßlos untertrieben.
- Statt des Baus der A26-Ost, sollte die Erneuerung der Köhlbrandquerung sowie ein Tunnel vom Veddeler Damm zur A252 betrieben werden.
Damit ist eines klar: Der Widerstand gegen das Bauprojekt lässt nicht nach. Er wird durch das unverbindliche Versprechen des Staatsrates, sich für einen Tunnel einsetzen zu wollen, in keiner Weise entschärft!
Um das zu unterstreichen, hat das Bündnis Verkehrswende Hamburg zwei neue Anti-A26-Ost Aktionen gestartet.
Diese Darstellung des „Wilhelmsburger Deckel“ ist der Präsentation von Staatsrat Rieckhof vom 11.12.2017 entnommen. (Seite 16)
Die gesamte Präsentation von Staatsrat Rieckhof findet sich hier:
praesentation-informationsabend-A-26_11-12-2017
Eine erste Einschätzung von Rieckhof´s Tunnel-Versprechen hatten wir auf dieser Webseite bereits am 13.12.2017 veröffentlicht:
A26-Ost/ Hafenquerspange – ein Jahr Verzögerung und vielleicht ein Tunnel
Was bedeuten die Planungen für Natur- und Landschaftsschutz im Bereich Wilhelmsburg/ Kirchdorf?
Landschaftsschutzgebiete (LSG) grün und Naturschutzgebiete (NSG) rot im Bereich Kirchdorf/Wilhelmsburger Osten – Karte aus Geoportal der FHH
„Potentiale für Stadtentwicklung und Grün“ (Nutzbare Fläche: 16 ha) in der Präsentation vom 11.12.2018 (Seite 4): Der Tunnel/Deckel ist nur zu finanzieren, wenn große Teile der angrenzenden Landschaftsschutzgebiete für Stadtentwicklung geopfert werden (schraffierte Flächen)
Die Handelskammer Hamburg hatte in diesem Bereich bereits 2014 ein Potential für ein 38 ha großes Gewerbegebiet gesehen:
„Der notwendige Ausbau des Straßennetzes muss also mit der Entwicklung zusätzlicher Gewerbe- und Industriegebiete einhergehen; dies auch, um den Return on Invest zu verbessern.“. (Handelskammer, 2014,S.117) „Im Süden Wilhelmsburgs liegt beiderseits der Straße Kornweide nahe der Anschlussstelle Hamburg-Stillhorn auf der A1 Grünland. Durch den Bau der Hafenquerspange im Verlauf der Straße Kornweide erhalten diese Flächen künftig zusätzlich eine leistungsfähige Anbindung an die A7. Daher sollte hier entsprechend der Lagegunst der Flächen ein etwa 38 Hektar großes Gewerbegebiet entwickelt werden.“ (a.a.O., S.126)
Stadtmobilität in Hamburg 2030, Bericht und Karten, https //www.hk24.de/produktmarken/interessenvertretung/verkehr-stadtentwicklung/verkehr/stadtverkehr/stadtmobilitaet-hamburg_2030/1162876)
Von der Handelskammer Hamburg vorgeschlagene Gewerbegebiete beiderseits der neuen Autobahn in Kirchdorf. (von Michael Rothschuh eingezeichnet in eine Grafik der DEGES)